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Junior Consultant

Hast Du schon mal von Via Negativa (= die Kunst des Weglassens) gehört? Es geht darum, Dinge wegzulassen oder nicht zu tun. Der Ursprung liegt im Platonismus, also ist schon ein paar Jahre alt das Konzept. Es sind aber Dinge, die über die Zeit bestehen, die wertvoll sind.

Wir befassen uns immer mal wieder damit, dass "weniger mehr ist" (so auch in Newsletter-Ausgabe #188) und heute habe ich einen philosophischen Tag. Aber keine Angst, am Ende ergibt alles Sinn und ich finde den Bogen zurück zur SEO.

Wo können wir die Kunst des Weglassens häufig beobachten?

Mir fallen zwei Dinge ein: Design und beim Schreiben (von Texten).

"Ein Designer weiß, dass er die Perfektion erreicht hat, nicht wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn es nichts mehr wegzunehmen gibt." 

– Antoine de Saint-Exupery (französischer Autor – deutsche Übersetzung von mir)

Hier mal ein Beispiel unterschiedlicher Logos, die über die Jahre neu gestaltet wurden und mittlerweile viel einfacher sind:

Eine Grafik, in der unterschiedliche Markenlogos dargestellt und verglichen werden. Bei allen Logos gibt es eine alte Variante und eine neue Variante. Alle neuen Logos wirken simpler. Die gezeigten Markenlogos sind von KIA, Nissan, intel, VW, Pfizer, durex, Toyota und BT.

Bildquelle

Das KIA-Beispiel ist nicht unbedingt das beste Beispiel, da nach der Veröffentlichung des neuen Logos häufig nach "kn car" gesucht wurde. Generell ist es aber so, dass wir uns deutlich einfacher an simple Logos erinnern können und darum geht es auch bei einer Marke – sich erinnern.

Auch beim Schreiben gilt: Auf das Wesentliche beschränken. Si Quan Ong, Schreiber bei Ahrefs, hat zuletzt einen Meilenstein erreicht und 100 Artikel geschrieben.

"Searchers are sick of every blog post being the length of a Tolstoy book."

Und er hat Recht: SEO ist oft nicht genug – ironisch, oder? Damit meint er, dass gute Inhalte nicht nur bedeuten, ALLES und MEHR zu machen, sondern einen einzigartigen Inhalt zu zaubern, der die Handschrift des Autors oder der Autorin trägt. Durch bewusste Fokussierung vom Rest abheben und eine interessante Perspektive bieten – das ist das Ziel.

Er schreibt, dass seine Artikel am Anfang zu lang waren. Mittlerweile gelingt ihm das laut eigener Aussage besser. Nach dem Rewriting fallen rund 20-30% Inhalt weg, um sich mehr auf die wesentlichen Dinge zu beschränken und sprachlich klarer zu sein.

Jetzt interessiert mich: Findest Du meine Artikel zu lang/genau richtig/zu kurz? Ich habe es noch nicht analysiert, aber ich vermute, meine Artikel im Wingmen Newsletter sind im Durchschnitt länger als bei anderen Wingmenschen. Wenn Du Feedback hast, melde Dich gerne per Mail oder bei LinkedIn.

Eins meiner Ziele für 2024: Ein besserer Texter sein und mehr in weniger Worten sagen.

Stephen King hat es hervorragend getroffen:

"When you write a story, you're telling yourself the story. When you rewrite, your main job is taking out all the things that are not the story."

Der Bogen zur SEO: Warum weniger (Inhalte, Metriken, Maßnahmen) oft mehr (Traffic, Umsatz, Conversion) ist

Wie eingangs versprochen, muss ich mein Versprechen halten und erklären, wie man das Konzept des Weglassens auf SEO überträgt.

Dazu fallen mir einige Beispiele ein. Unter anderem würde ich den KPI Overload reduzieren. KPI steht für Key Performance Indicator. Wie viele unterschiedliche Schlüssel passen in das Schloss Deiner Wohnungs- oder Haustür? Ich vermute, es gibt genau einen und Duplikate. KPIs sind einzelne, extrem wichtige Metriken. Davon kann es auch in der SEO nur wenige geben.

Genauso verhält es sich mit Metriken, die zu keiner Handlung führen. Streich' die am besten raus. Eine gute Metrik führt zu einer Aktion. Schlechte Metriken sehen höchstens gut aus, wenn sie sich positiv entwickeln.

Was leider den Ruf von SEO schmälert, sind schwarze Schafe, die monatlich Geld mit sinnlosen automatisch erstellten Reportings auffressen. Reportings, die niemand liest, sind Reportings, die niemand braucht. Wenn Du sinnlose Reportings, 87 KPIs und 1.627 Metriken hast, würde selbst Jet-Piloten schwindelig werden.

Du kannst auch über das Einstampfen von qualitativ minderwertigen Inhalten (= Content Pruning) nachdenken. Ich sage nicht, dass Du jetzt losgehen und Inhalte löschen solltest, da das der neue Schlüssel für Deinen SEO-Erfolg ist. Es geht eher um strategische Entscheidungen:

  • Was ist zu weit vom Kerngeschäft entfernt?

  • Was performt weder in der organischen Suche, noch auf anderen Kanälen?

  • Was überfordert die Nutzer und Nutzerinnen in der Navigation auf Deiner Seite?

IBM hat beispielsweise 2022 eine große Menge an Inhalten entfernt. Die Rede ist von vielen Zehntausenden URLs. Nachfolgend einmal die Zahlen aus Ahrefs:

Ein Graph mit Daten aus Ahrefs von ibm.com Zu sehen ist ein Graph aus Organic Traffic und Organic Pages. Die Organic Pages wurden in 2022 deutlich reduziert. Das hat im Graphen nicht zu weniger Traffic, sondern mehr Traffic über die Zeit geführt.

Trotzdem geht der Traffic nach oben. Auch für Google ist mehr nicht immer gut. Es geht darum, so wenig Inhalte wie möglich, aber so viele wie nötig zu haben.

Genauso gut kann man beim Verfassen der Texte manche Dinge weglassen. Sätze und Abschnitte nur zu schreiben, um da Keywords unterzubringen, macht Deinen Text länger, aber nicht interessanter. Bevor Du also anfängst zu schreiben:

  • Keywords festlegen

  • Intent analysieren

  • Wichtige Themen identifizieren, die Du brauchst, um diesen Intent zu bedienen

  • Eine Outline erstellen

  • Gezielt den Text verfassen und eine hohe Inhaltsdichte* anvisieren

*Hohe Inhaltsdichte = viel Aussagekraft bei möglichst wenig Worten. Dann wird der Text besser, auch wenn die Vorbereitung länger dauert.

Auch bei Workflows, Prozessen und Tools kann man gerne mal den Rotstift ansetzen und prüfen, was man davon nicht braucht. Adam Grant schreibt in Think Again folgendes:

"A hallmark of wisdom is knowing when it's time to abandon some of your most treasured tools—and some of the most cherished parts of your identity."

Letztendlich ist es auch mit SEO-Maßnahmen so, die wir entweder im Unternehmen als Inhouse durchsetzen oder in unserer Beratung empfehlen. Nur weil wir etwas tun können, heißt das nicht, dass wir das sollten. Es geht darum, die Dinge zu tun, die die Nadel bewegen und die Dinge zu lassen, die nicht mehr sind als Schall und Rauch.

Im Buch Smart Brevity schreiben die Autoren "if you see everything, you remember nothing". Das Zitat kann man gut übertragen und sagen "if you try to do everything, you achieve nothing". Tue also nur die Dinge, die Wirkung haben.

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