Letzte Woche sind wir über eine spannende Entwicklung gestolpert: Bionic Reading, eine Technik, bei der mittels API die prägnantesten Teile eines Wortes hervorgehoben werden und somit ein objektiver Mittel-/Fixpunkt für den Leser kreiert wird. Das soll laut dem Typografie-Designer Renato Casutt dazu führen, dass Leserinnen und Leser leichter, schneller und vollumfänglicher durch den Text geleitet werden und den Faden nicht verlieren. Das können wir sicher alle gut gebrauchen.
Besonders groß dürften die Vorteile für Menschen sein, die von Lese- und Konzentrationsschwächen betroffen sind. Fettungen und Hervorhebungen sind ein echtes Plus für die Barrierefreiheit. Aufsehen erregt hat das Thema insbesondere durch den Tweet von juanbuis, UX-Autor. Das Thema wurde tausendfach geteilt und es finden sich diverse Meinungen darunter. Die einen sind begeistert und es hilft ihnen total, andere stempeln es als nervigen Humbug ab.
Noch haben wir keine unabhängigen Studien zur tatsächlichen Nutzerfreundlichkeit gefunden. Uns stellen sich daher die Fragen: Bietet diese Form der Darstellung den genannten Mehrwert oder bringt diese Technik den Nutzer vollkommen aus dem Konzept, da das Auge mit unterschiedlichen typografischen Finessen konfrontiert ist? Wird es perspektivisch einen SEO-relevanten Vorteil darstellen, wenn eine Website die Möglichkeit bietet bionisches Lesen einzuschalten und so mehr Barrierefreiheit herzustellen?
Sollten Studien belegen, dass die Technik tatsächlich Vorteile bringt, kann es sein, dass mehr und mehr Webseitenbetreiber darauf setzen. Neben einigen Pilotprojekten dürfte das aber noch fern in der Zukunft liegen.
Schauen wir beispielsweise auf das Implementierungs-Tempo bei den Core Web Vitals -- Metriken, die von Google als Ranking-Faktoren explizit gepusht werden, dann zeigt sich, wie langsam die Mühlen der Zeit mahlen. Richtig bleibt aber schon jetzt: Barrierefreiheit und Zugänglichkeit für Deine Inhalte werden immer wichtiger. Schon jetzt kannst und solltest Du keine unformatierten Textwüsten ins Netz stellen. Achte auf Absätze, Fettungen, Zwischenüberschriften und das Einbinden von Medien, um das Scannen und Skimmen von Texten so leicht wie möglich machen.
Wie Du sicherlich mitbekommen hast, wurde dieser Text mit der Bionic-Reading-Methode dargestellt. Was sagst Du? Wurden beim Lesen 100% Deines Gehirns freigesetzt und warst Du 100% schneller und effektiver beim Lesen oder eher nicht?