Auf der Campixx traf ich Stefan Fischerländer (kurz vor meinem Strategie-Vortrag). Stefan meinte, dass er sich sehr über meine Anmerkungen zu Neeva gefreut hat. Und dass er mir eigentlich schreiben wollte (um mir Recht zu geben ;) ). Das haben wir jetzt nachgeholt und ich habe mich sehr über die weiterführenden Gedanken eines Kollegen gefreut, der im Bauen von Suchmaschinen wesentlich mehr Erfahrung hat als ich:
Ich schrieb:
"User sind nicht auf der Suche nach einer Alternative zu Google. Man muss den Menschen beibringen, dass sie eigentlich eine bessere Suche haben könnten. Das ist richtig aufwändig."
Stefan ergänzt:
Das war natürlich auch damals unsere zentrale Fragestellung. Die Opportunitätskosten für User sind nahe null. Er muss keine Daten mitnehmen, braucht keine neue Software. Er muss nur einmal eine Einstellung im Browser ändern. Trotzdem gibt's IMHO eine riesige Hürde: FOMOFNUG = "Fear of missing out for not using Google" –nämlich die Angst, wenn ich woanders suche, dass ich dann das Top-Ergebnis bei Google nicht sehe, das aber alle anderen sehen. Das ist für mich das zentrale Hindernis für alle Nicht-Google-Web-Recherche-Anbieter. Das könnte sich nun vielleicht mit den LLM-getriebenen Suchen ändern, denn da steht ja nicht mehr das einzelne Webergebnis im Vordergrund.
Aus der Meldung von Neeva:
"convincing users to pay for a better experience was actually a less difficult problem compared to getting them to try a new search engine in the first place"
Stefan ergänzt:
Wir hatten damals auch ein Bezahlmodell für Neomo diskutiert. Und ich war mir damals sicher, früher oder später wird jemand kommen, der das macht. Es war klar, dass das nichts für die breite Masse wäre. Aber ein völlig werbefreies Suchumfeld, bei dem du als Profinutzer viel mehr Parameter selbst steuern könntest, sollte doch ein Bezahlmodell ermöglichen. Bei Neeva habe ich aber keine solcher Profifeatures gesehen. (Was natürlich mit dem folgenden Punkt zu tun haben dürfte ...)
Ich schrieb:
"Neeva hat keinen eigenen Index gehabt, sondern die Ergebnisse von Bing lizenziert. Im Februar kam raus, dass die Lizenzierung der Ergebnisse von Bing massiv teurer wird."
Stefan ergänzt:
Ich finde das interessant, weil in den letzten 10 bis 15 Jahren die Lizenzierung der Suchergebnisse in meiner Wahrnehmung recht günstig war. Wir hatten bei Neomo diskutiert, ob wir nicht als Indexlieferant Geld verdienen könnten. Das aber verworfen, weil schon absehbar war, dass Indexdaten zu günstig werden würden. Klingt jetzt aber so, als würde sich das drehen.
Ich ergänze dazu noch mal einen Slide von Andor Palau aus seiner Präsentation zu Logfile-Analyse und warum es wichtig ist Crawling-Effizienz herzustellen, der Index ist gar nicht so teuer, aber das Crawling, um ihn aktuell zu halten:
Ich schrieb:
"(...) dass Du den Kern Deines Produktes selbst in der Hand haben und nicht von Dritten einkaufen solltest"
Stefan ergänzt:
Neben der Abhängigkeit von Dritten kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: Ohne eigenen Index sind viele Dinge nicht möglich! Du hast keinen Zugriff auf die Rohtexte. Du hast keinen Zugriff auf den Linkgraph. Du hast keine Kontrolle über die Filterlisten. Und vor allem: Du kannst nichts ausprobieren. Kein Wunder, dass man so keinen ordentlichen USP aufbauen kann.
Ich finde das wertvolle und spannende Ergänzungen. Du auch?