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An dem ein oder anderen Newsletter-Artikel hast Du vielleicht schon gemerkt, dass das Thema DSGVO uns nicht loslässt. Die Gerichte und Datenschutzbehörden verkünden eine Entscheidung nach der nächsten.

Wenn man sich manche Beschlüsse durchliest, kann man zu dem Schluss kommen, dass ein einfacher CDN in Zukunft aus Datenschutzgründen nicht mehr verwendbar ist. Auf der anderen Seite haben diese Beschlüsse häufig gute Gründe und die meisten davon haben mehr oder weniger direkt mit Real Time Bidding zu tun.

Darum fand ich diesen Vortrag von Johnny Ryan zu Real Time Bidding und wieso der Status Quo der Online-Werbeindustrie Datenschutzrechtlich so problematisch ist besonders interessant.

Johnny Ryan war früher Chief of Policy bei Brave und ist nun hauptberuflich Bürgerrechtler und Datenschützer. Der Vortrag hat also eine klare Agenda und das sollte man dabei natürlich im Hinterkopf behalten, genauso wie wenn sich Google oder Facebook zu dem Thema äußern.

Natürlich ist nicht die komplette Online-Werbebranche so böse wie hier dargestellt wird. Sicherlich verteilen nicht alle AdTech-Firmen die sensiblen Daten, ohne sich um Moral und Recht zu scheren. Aber es gibt mehr als genügend schwarze Schafe, sodass die beschriebenen Probleme real sind.

Wenn Du etwas mehr Zeit als Johan hast, und die fehlende Geschwindigkeits-Einstellung Vimeo nicht ganz so übel nimmst, wie er, schau Dir den Vortrag gerne selbst an.

Die ganze kurze Kurzfassung ist:

Für das Bieten auf Werbeplätze werden Nutzer mit Cookies identifizierbar gemacht und geben, wenn vorhanden, Informationen über den Nutzer preis:

  • Vieles ist relativ harmlos, wie "Nutzer interessiert sich für Autos"

  • Vieles ist aber grundsätzlich problematisch, angefangen bei Dingen wie Altersgruppe, Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit, die einer Diskriminierung Vorschub leisten können, bis zu Information mit extremer persönlicher und individueller Relevanz für einzelne Nutzer, wie zum Beispiel bei Geldproblemen oder Krankheiten.

  • und manche Informationen die, je nach genauer Situation, ebenfalls sehr sensibel sein können, wie besuchte URLs oder GPS Daten.

Die Nutzerinformationen werden für jede Anzeige die ausgespielt geteilt

  • im Hintergrund im Rahmen des Bietverfahrens an hunderte Third-Parties

  • ohne das es kontrollierbar oder auch nur nachvollziehbar ist, wer wann welche Information über einen Nutzer erhielt

  • und können im Hintergrund ggf. mit anderen Datenquellen verknüpft werden

Das daraus resultierende Targeting der Nutzer schadet aber nicht nur den Nutzern, sondern mittelbar auch denjenigen, die auf ihrer Domain Werbung anzeigen, und denjenigen, die Werbung buchen.

  • Publisher, die hochwertige Inhalte liefern, helfen dabei Nutzer zu charakterisieren, konkurrieren aber nicht mehr mit gleichwertigen Inhalten, sondern allen die der Nutzer besucht, was Preisverfall der Anzeigen zur Folge hat.

  • Intransparente Prozesse ermöglichen Betrug, wie Click-Bots, oder falscher Zuordnung von Conversions.

Über DSGVO, ePrivacy-Verordnung und Ähnliches arbeiten Legislative, Judikative und Exekutive daran, die bisherige Praxis nun immer weiter einzuschränken. Breite teile der "Ad Tech"-Industrie scheinen sich verzweifelt an den Status Quo zu klammern und reagieren eher träge. (🤔 Das Ads träge reagieren kommt mir von aus unzähligen Pagespeed Audits bekannt vor... vielleicht können die Prozesse eines neuen Status Quo auch etwas schneller ablaufen als "Real Time" Bidding.)

Soweit ich als Jura-Laie DSGVO, ePrivacy-Verordnung und Co verstehe, ist das bestehende Real Time Bidding schlicht nicht mehr legal, und auch Alternativen wie Googles Privacy Sandbox bewegen sich in einer Grauzone. Aber heutzutage kann man ja nichtmal mehr Schriftarten einbinden ohne vor den Kadi gezerrt zu werden.

Was wirklich bleibt, quasi als sichere Bank, ist das Contextual Advertising, also die Anzeige zu dem Inhalt schalten, nicht zu dem Nutzer. Für Publisher möglicherweise ein sehr interessantes Modell. Vor fast genau einem jahr hatte ich hier im Newsletter schon einmal einen Wired-Artikel referenziert, der gezeigt hat, dass das für Publisher sehr gut funktionieren kann. Und auch diejenige, die die Anzeigen schalten können davon profitieren, da Werbung im passenden Kontext besser wahrgenommen wird.

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